Daseinsvorsorge ist keine Handelsware

Gestern wurde in Brüssel von Verbänden aus dem kommunalen, sozialen, kirchlichen und kulturellen Bereich sowie aus der öffentlich-rechtlichen Medienlandschaft (Netzwerk Gemeinwohl) ein Diskussionspapier zu den Leistungen der Daseinsvorsorge vorgestellt. Unter dem Motto: „Wie viel Daseinsvorsorge braucht die soziale Marktwirtschaft? – Wie viel Binnenmarkt verträgt die Daseinsvorsorge?“ wurde das Papier in einer Diskussion des Europäischen Parlaments diskutiert.

Die Kommunalpolitische Vereinigung der CDU und CSU Deutschlands (KPV) begrüßt die Initiative zum Diskussionspapier. Der Bundesvorsitzende der KPV, Peter Götz MdB, sagte dazu: „Gerade im Zeitalter der Globalisierung wollen wir die Verantwortung und Entscheidungsfreiheit vor Ort stärken. Die Menschen sollen vor Ort selbst entscheiden, welche Leistungen in welcher Form angeboten werden. Wir brauchen einen weiten Handlungsrahmen um Kommunale Selbstverwaltung wieder erlebbar zu machen.“

Der europäische Binnenmarkt ist mit rund 500 Mio. Menschen ein leistungsstarker Wirtschaftsraum. Unsere Arbeitsplätze und unser tragendes Sozialsystem sind eng damit verbunden. Funktionierende Märkte sind  Voraussetzung für unseren Wohlstand. Deshalb ist das Leitbild der „Sozialen Marktwirtschaft“  für uns auch in der EU so wichtig. Dort, wo es echten Wettbewerb und funktionierende Märkte gibt, lässt sich ein EU-Binnenmarkt verwirklichen. Allerdings stößt dies im Bereich der Daseinsvorsorge an seine Grenzen.

Das Diskussionspapier wird von folgenden Verbänden und Organisationen getragen: Deutscher Städtetag, Deutscher Landkreistag, Deutscher Städte- und Gemeindebund, Verband kommunaler Unternehmen (VKU), Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge, Deutscher Kulturrat sowie der Arbeitsgemeinschaft öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten in Deutschland (ARD), Deutschlandradio, Deutsche Welle.

Die Mitglieder der unterzeichnenden Verbände erbringen täglich elementare Leistungen in Bereichen wie Wasserversorgung, Abwasser- und Abfallentsorgung, Wohnraum- und Energieversorgung, öffentlicher Nahverkehr, Gesundheit, Soziales, Jugend und Familie, Kultur und Rundfunk. Unter dem Begriff der Daseinsvorsorge stehen sie für verlässliche Versorgung und für gesellschaftliche Teilhabe. „Funktionierende und leistungsfähige Systeme der Daseinsvorsorge sind ein Garant für eine prosperierende soziale Marktwirtschaft. Es gilt, diese leistungsfähigen Systeme in den Mitgliedstaaten der EU zu erhalten und zu stärken“, so Dagmar Reim, Intendantin des Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb), bei der Vorstellung des Papiers.

 

Effiziente, kostenbewusste, transparente und bedarfsgerechte Leistungen für alle

Eine rein marktwirtschaftlich orientierte Lösung für die verantworteten Bereiche der Unterzeichner, kann aus ihrer Sicht keinen umfassenden und nachhaltigen Erfolg versprechen. Zwar haben marktwirtschaftliche Ansätze dabei geholfen in den letzten Jahrzehnten in manchen Bereichen Effizienzgewinne zu erreichen, doch sind generelle und pauschale Vorwürfe flächendeckender und branchentypischer Fehlentwicklung im Bereich der Daseinsvorsorge unbegründet. „Das sektorübergreifende Papier soll Impuls für einen breiten Dialog mit Politik und Gesellschaft sein“, so die Intendantin des Rundfunk Berlin-Brandenburg, Dagmar Reim, für das Netzwerk Gemeinwohl. „Vor dem Hintergrund der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise ist eine Neubewertung der Leistungen der Daseinsvorsorge dringend notwendig. Gerade in einer Krise zeigt sich die Notwendigkeit, wichtige Infrastrukturen aufrechtzuhalten. Die verlässliche Finanzierung solcher Infrastrukturen ist deshalb im allgemeinen Interesse.“

Die Unterzeichnenden stehen für umfassende, transparente und vielfältige Leistungen von hoher Qualität im Dienste der Gesellschaft, deren wesentliche Grundlage die Gemeinwohlverpflichtung ist. Zu ihrer Verwirklichung braucht es öffentliche und frei-gemeinnützige Träger der Daseinsvorsorge. Es braucht aber auch verantwortungsvolles politisches und legislatives Handeln der relevanten Entscheidungsträger und -ebenen in der Europäischen Union, ihren Mitgliedstaaten und deren Untergliederungen, die sich diesen Prinzipien im Sinne des Gemeinwohls verpflichtet fühlen.

Das komplette Diskussionspapier können Sie hier nachlesen.

 

Bild:Frank_Peters@fotolia

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