Finanzen

Kommunalpolitische Eckpunkte zur Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen

Bei der anstehenden Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen muss ein vordringliches Ziel sein, die Kommunen von Sozialleistungen dauerhaft zu entlasten und damit die Finanzsituation der Kommunen nachhaltig zu verbessern. So fordert es die Kommunalpolitische Vereinigung der CDU und CSU Deutschlands (KPV) in ihrem Beschluss „Kommunalpolitische Eckpunkte zur Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen“, der auf der Bundesvertreterversammlung am 22. November 2014 in Chemnitz verabschiedet wurde.

Beschluss der Bundesvertreterversammlung am 22. November 2014

Kommunalpolitische Eckpunkte zur Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen

Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD ist die Neuregelung der Bund-Länder Finanzbeziehungen unter Beteiligung der Kommunen verabredet:

„Spätestens Ende 2019 müssen die Bund-Länder-Finanzbeziehungen neu geordnet sein. Der Länderfinanzausgleich ist zu diesem Zeitpunkt neu zu regeln. Die Länder werden ab diesem Zeitpunkt keine strukturellen Defizite mehr haben. In dieser Legislaturperiode müssen dafür die Weichen gestellt werden. Dazu finden zwischen Bund und Ländern Gespräche statt. Die Koalition wird parallel eine Kommission einrichten, in der Bund und Länder vertreten sind. Dazu werden Vertreter der Kommunen einbezogen. Die Kommission wird sich mit Fragen der föderalen Finanzbeziehungen befassen und dazu Vorschläge erarbeiten. Die Kommission soll bis Mitte der Legislaturperiode Ergebnisse zu den nachfolgenden Themenbereichen vorlegen:

  • Europäischer Fiskalvertrag
  • Schaffung von Voraussetzungen für die Konsolidierung und die dauerhafte Einhaltung der neuen Schuldenregel in den Länderhaushalten
  • Einnahmen- und Aufgabenverteilung und Eigenverantwortung der föderalen Ebenen
  • Reform des Länderfinanzausgleichs
  • Altschulden, Finanzierungsmodalitäten und Zinslasten
  • Zukunft des Solidaritätszuschlags“

 

Von der Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen sind die Kommunen sowohl direkt als auch indirekt betroffen. Die Kommunen sind von der Ertragskraft „ihrer“ Bundesländer abhängig und über den länderspezifischen kommunalen Finanzausgleich eng mit ihnen verwoben. Die Verteilung der Steuereinnahmen der Gemeinden und die Verteilung des gesamtstaatlichen Steueraufkommens zeigt deutlich, in welchem Maße die Kommunen von den Zugeständnissen des Bundes und der Länder und damit von den Entscheidungen des Bundes und der Länder hinsichtlich der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen abhängig sind.

Kommunale Beteiligung sicherstellen

Um sicherzustellen, dass die Interessen der Kommunen in den Beratungen der Bund-Länder-Kommission zur Neugliederung der Finanzbeziehungen angemessen und ausreichend vertreten werden, ist es unerlässlich, dass die Kommunen als Verhandlungspartner mit Rede- und Antragsrecht – ggf. auch ohne Stimmrecht – kontinuierlich in die Gespräche eingebunden werden. Eine Vertretung der Kommunen über ihre Bundesländer reicht keinesfalls aus. Wir fordern die frühzeitige Berücksichtigung der kommunalen Interessen in der Neuordnung der Finanzbeziehungen von Bund und Ländern und die im Koalitionsvertrag verabredete Einbeziehung von Vertretern der Kommunen.

Strukturen klären

Die Zuordnung der Aufgaben auf jeweils eine föderale Ebene muss klar und eindeutig erfolgen. Bei Aufgabenübertragung auf eine Ebene muss sichergestellt werden, dass das Konnexitätsprinzip so eingehalten wird, dass die tatsächlichen Kosten durch Zuweisungen der die Aufgabe übertragenden Ebene gedeckt werden.

Erfüllen die Länder Aufgaben im Auftrag des Bundes, so müssen sie mit den entsprechenden Finanzmitteln für eine adäquate Aufgabenerfüllung ausgestattet werden. Sofern die Länder die übertragene Aufgabe an die Kommunen delegieren, müssen sie verpflichtet werden, die vom Bund mit der Aufgabenübertragung bereitgestellten Finanzmittel ungekürzt und zusätzlich an die Kommunen weiterzuleiten. Der Ebene, in deren Auftrag die Aufgabe erfüllt wird, ist eine effiziente Mittelverwendung zu gewährleisten.

Durchgriffsverbot beibehalten

Wir wollen die strengste Form der Konnexität, das Durchgriffsverbot des Bundes auf die Kommunen, bewahren und die Verantwortung der Länder zur auskömmlichen und aufgabengerechten Finanzierung ihrer Kommunen – am besten grundgesetzlich – präzisieren. Eine neue Kooperationskultur von Bund, Ländern und Kommunen, bis hin zu Staatsverträgen, muss den Kommunen nachvollziehbar eine adäquate Finanzierung von „gesamtgesellschaftlichen Aufgaben“ ermöglichen.

Nur in begründeten Ausnahmefällen sollte der Bund zeitlich befristet den Kommunen gemäß Artikel 104 b GG direkt Finanzmittel für Investitionen zukommen lassen. In diesem Fall ist von den Ländern sicherzustellen, dass diese Mittel bei den Kommunen tatsächlich zusätzlich und ungekürzt ankommen und auf eine Verrechnung im Zuge des länderbezogenen Kommunalfinanzausgleichs verzichtet wird. Die Förderung muss auch Kommunen zu Gute kommen können, die aufgrund ihrer Haushaltssituation eine erforderliche Eigenbeteiligung nicht aufbringen können. Der Bund kann dies mit allen Bundesländern verbindlich und überprüfbar regeln.

Konnexität einhalten

Die Ebene, die eine Aufgabe übertragen bekommt, muss diese auch tatsächlich und vollumfänglich mit den bereitgestellten Finanzmitteln erfüllen können. Dies gilt auch, wenn das Auftragsvolumen nach Übertragung der Aufgabe geändert wird – in diesem Fall ist die Mittelzuweisung entsprechend anzupassen. Aufgaben und Ausgabenverantwortung gehören in eine Hand und sollen möglichst zusammengeführt werden.

Sofern der Bund bei der Finanzierung von an Kommunen übertragenen Aufgaben sein Engagement erhöht, um die Kommunen zu entlasten, muss sichergestellt werden, dass diese Mittel vollumfänglich und zusätzlich bei den Kommunen ankommen. Die Länder müssen sich im Zweifel in einem Staatsvertrag verpflichten, die Weitergabe transparent und nachvollziehbar darzustellen und die Kommunalentlastungen des Bundes nicht in Vorwegabzügen der kommunalen Finanzmasse zu entziehen.

Bestehende Finanzierungsprogramme des Bundes (z.B. Entflechtungsmittel, GVFG) sind so auszugestalten, dass eine langfristige Planungsperspektive und transparente Darstellung der Mittelzuweisungen besteht. Von den Ländern ist sicherzustellen, dass diese Mittel zweckgebunden eingesetzt werden und bei den Kommunen tatsächlich zusätzlich und ungekürzt ankommen.

Kommunen entlasten

Ziel muss es sein, die dauerhafte Entlastung der Kommunen von Sozialleistungen und damit die Finanzsituation der Kommunen nachhaltig zu verbessern und Freiräume zum Abbau von Schulden und zur Stärkung der Investitionstätigkeit zu schaffen. Bei der Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen darf es allerdings für die Kommunen nicht allein darum gehen, mehr Geld vom Bund zu bekommen. Es muss vielmehr Ziel der Verhandlungen sein, klare Strukturen zu etablieren, die dauerhaft eine aufgabenangemessene und auskömmliche Finanzausstattung der Kommunen sicherstellen. Zudem sollte eine eindeutige Regelung hinsichtlich Aufgabenerfüllung und Finanzierung sowie der wechselseitigen Finanzströme angestrebt werden.

Länder in die Pflicht nehmen

Die im Grundgesetz verankerte Zuständigkeit der Länder für die ausreichende finanzielle Ausstattung ihrer Kommunen muss verfassungsrechtlich im Grundgesetz klargestellt und präzisiert werden. Gleichzeitig müssen die Länder aber auch in der Lage sein, dieser Verpflichtung nachzukommen, so dass bei der Neugestaltung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen auch die Finanzkraft der Kommunen eines jeden Bundeslandes vollständig berücksichtigt werden sollte. Ebenso müssen bei allen Überlegungen zu einer Altschuldenregelung auf Bundesebene zwingend auch sämtliche kommunale Altschulden berücksichtigt werden.

Gemäß den Regelungen des Stabilitätsrates müssen sich die Bundesländer weiterhin verpflichten, die Haushaltskonsolidierung voranzubringen. Die Einhaltung der ab dem Jahr 2020 auch für die Bundesländer geltenden Schuldenbremse darf nicht dazu führen, dass dies zulasten der Kommunen geschieht. Die Länder dürfen nicht ihre Verpflichtung aus dem Fiskalpakt durch eine Belastung der Kommunen erfüllen.

Es ist Aufgabe der Länder, die Schere zwischen reichen und armen Kommunen durch einen nachhaltigen finanziellen Ausgleich zu schließen. Hierzu gehören auch Programme zum Abbau kommunaler Altschulden, die die Kommunen strukturell in die Lage versetzen, ohne neue Schulden auszukommen. Dabei ist sicherzustellen, dass gutes Wirtschaften in der Vergangenheit nicht durch eine übermäßige Belastung im Zuge kommunaler Solidaritätsprogramme bestraft wird.

Der beim horizontalen Länderfinanzausgleich bereits berücksichtigte erhöhte Bedarf bei besonders dünn besiedelten Ländern sollte auch auf den länderspezifischen Kommunalfinanzausgleich übertragen werden, um die unterschiedlichen Bedarfe der Kommunen angemessener zu berücksichtigen und gleichwertige Lebensverhältnisse zu sichern. Weder die „Veredelung“ von Einwohnerzahlen noch das Prinzip „Einwohner gleich Einwohner“ ist zielführend, wenn es darum geht, einen Mehrbedarf von Kommunen mit geringer Einwohnerzahl aber großer Fläche angemessen einzubeziehen. Zudem gilt es, den demografischen Wandel und seine Folgen auch auf kommunaler Ebene stärker zu berücksichtigen.

Kommunale Investitionen erhöhen

Angesichts des bestehenden Investitionsstaus – allein bei der kommunalen Infrastruktur in Höhe von rund 118 Milliarden Euro – fordern wir die Fortsetzung des Solidaritätszuschlags als „Fonds zur Sicherung und zum Ausbau der Infrastruktur des Bundes, der Länder und der Kommunen“. Dies würde auch bei den Menschen die erforderliche Akzeptanz finden, weil damit Projekte im unmittelbaren Umfeld der Steuerzahler realisiert werden und somit die abstrakte Steuermittelverwendung durch eine gebundene Mittelverwendung für konkrete Projekte ersetzt wird.

2_Kommunalpolitische Eckpunkte zur Neuregelung

 

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