Innenkongress

Beschluss: Flüchtlingsstrom drosseln – faire aber zügige Verfahren

Die Kommunalpolitische Vereinigung der CDU und CSU Deutschlands (KPV) hat auf ihrer Bundesvertreterversammlung am 14. November 2015 in Saarbrücken einen weitreichenden Beschluss zur Flüchtlingspolitik verabschiedet, den sie auf dem kommenden Bundesparteitag der CDU Deutschlands in Karlsruhe einbringen wird.

Beschluss der Bundesvertreterversammlung am 14. November 2015

Flüchtlingsstrom drosseln – faire aber zügige Verfahren

Deutschland wird in diesem Jahr mehr als 1.000.000 Menschen als Asylbewerber oder Flüchtlinge aufnehmen. Diese weiter wachsende Zahl ist eine riesige Herausforderung vor allem für die Kommunen und alle Hilfskräfte und ehrenamtlichen Helfer. Jeder Flüchtling oder Asylbewerber, der nach Deutschland kommt, muss würdig, sicher und anständig aufgenommen und untergebracht werden. Den Menschen, die einen Anspruch auf Asyl bei uns haben, müssen und wollen wir helfen. Hier leisten die Menschen vor Ort bei der Unterbringung und Betreuung der Flüchtlinge hervorragende Arbeit. Das ist Deutschland.

In Folge der Genfer Flüchtlingskonvention haben wir uns verpflichtet, Flüchtlingen Sicherheit zu gewähren. Wer allerdings aus einem Mitgliedstaat der EU oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt sind, kann sich nicht auf das Asylrecht des Grundgesetzes berufen. Also handelt es sich bei der Aufnahme der Flüchtlinge um eine humanitäre Maßnahme (subsidiärer Schutz), die keine ungehinderte ungesteuerte Bevölkerungswanderung auslösen darf. Wenn jeden Tag hunderte, wenn nicht gar tausende Menschen ohne Registrierung nach Deutschland kommen, haben wir in der Vergangenheit von „illegaler Einwanderung“ gesprochen. Dies kann der Staat nicht tolerieren und dies wird die Bevölkerung auf Dauer nicht akzeptieren. Deshalb ringen wir um schnell wirksame Lösungen.

Viele der Menschen, die derzeit aus den Kriegsgebieten nach Deutschland kommen, werden dauerhaft bei uns bleiben. Wir müssen alles daran setzen, ihre Verfahren wirklich zu beschleunigen und sie rasch in unsere Gesellschaft zu integrieren.

Ob die gewaltige Herausforderung gelingt, die große Zahl von Flüchtlingen aufzunehmen und diejenigen, die längerfristig bei uns bleiben werden, zu integrieren, entscheidet sich vor Ort in den Gemeinden, Städten und Landkreisen. Darin zeigt sich einmal mehr der Wert kommunaler Selbstverwaltung: Die verantwortlichen Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker leisten zurzeit eine großartige Arbeit, um die Aufgabe zu stemmen. Sie verdienen dafür die Unterstützung des Bundes und insbesondere der jeweiligen Landesregierung. Sie dürfen nicht im Stich gelassen werden.

Wir müssen aber auch feststellen, dass Leistungsfähigkeit und Akzeptanz vor Ort bei weiter ungebremstem und ungesteuertem Zuzug an ihre Grenzen stoßen. Deshalb ist es notwendig, die Zuwanderung zu ordnen, zu steuern und die Zahl der Flüchtlinge zu reduzieren, damit wir uns besser um diejenigen kümmern können, die einen Anspruch haben bei uns bleiben. Nur mit einer deutlichen Reduzierung des Flüchtlingsstroms erhalten wir die Perspektive für die Arbeit und Hilfe vor Ort.

Die vom Deutschen Bundestag und Bundesrat im Oktober beschlossenen Gesetzesänderungen und die am 5. November in der Großen Koalition vereinbarten Maßnahmen helfen, diese Ziele zu erreichen. Entscheidend ist, dass sie konsequent umgesetzt werden. Hier stehen insbesondere die Bundesländer in der Verantwortung. Sie dürfen sich nicht verweigern z. B. beim Grundsatz Sachleistungen statt Bargeld in den Erstaufnahmeeinrichtungen.

Die zahlreichen ehrenamtlichen Initiativen, die sich jetzt spontan gebildet haben, um den Flüchtlingen zu helfen, gilt es, als langfristige Partner für die Integration vor Ort, im Stadtteil oder in der Nachbarschaft zu gewinnen. Und: Wir müssen immer wieder deutliche Zeichen setzen, dass jede Form der Fremdenfeindlichkeit und Hetze konsequent und mit aller Härte bestraft wird.

Zur Erreichung dieser Ziele fordert die Kommunalpolitische Vereinigung der CDU und CSU Deutschlands (KPV):

  • Den Ursachen und den aktuellen Anlässen der Flüchtlingsströme müssen wir entschieden entgegenwirken. Die Lebensverhältnisse insbesondere in den Flüchtlingslagern in Syrien, der Türkei, Jordaniens und des Libanon müssen verbessert werden. Mehr Mittel der Entwicklungszusammenarbeit, größere Budgets der internationalen Gemeinschaft und private Spenden müssen dafür aufgebracht werden. Menschen in Flüchtlingslagern brauchen mehr Unterstützung, Hilfe und eine echte Perspektive, um in ihrer Region zu bleiben.
  • Wir fordern die Europäische Kommission auf, eine Liste der sicheren Herkunftsstaaten zu erarbeiten, die in der gesamten Europäischen Union gelten soll. Zudem brauchen wir einheitliche europäische Standards für die Verfahren und die materielle Versorgung der Flüchtlinge in den EU-Mitgliedsstaaten.
  • Flüchtlinge aus sicheren Herkunftsstaaten müssen an der Einreise in die EU gehindert werden. Das Europäische Recht verlangt einen strikten Schutz der Außengrenzen der EU. Er ist zurzeit nicht gewährleistet. Wir begrüßen die Absicht der Großen Koalition, die Zahl der Flüchtlinge zu reduzieren, indem der Schutz der Außengrenzen wiedergestellt wird, illegale Schleusungen und Migration beendet, legale Strukturen des Flüchtlingsschutzes und der Lastenteilungen mit unseren Nachbarländern geschaffen werden. Die längst geplanten Aufnahme- und Verteilzentren (Hotspots) in Griechenland und Italien müssen ihre Arbeit aufnehmen. Die Aufnahme von Flüchtlingen aus humanitären Gründen in die EU muss kontingentiert werden.
  • Auch wenn Fluchtursachen kurzfristig nicht aufgelöst werden können, müssen wir den Flüchtlingsstrom faktisch drosseln. Das System von Schengen setzt sichere EU-Außengrenzen voraus. Solange dies nicht gewährleistet ist, sind Maßnahmen zur Sicherung der nationalen Grenzen (Grenzkontrollen, Polizeistreifen, elektronische Überwachung) notwendig. Das wird sicherlich nicht 100prozentig gelingen, ist aber eine notwendige Begleitmaßnahme, um Migranten aus sicheren Herkunftsländern frühzeitig in die geplanten „besonderen Aufnahme-Einrichtungen“ bringen zu können. Zugleich ist dies ein wichtiges Signal in die Herkunftsländer, dass Deutschland nicht schrankenlos alle Flüchtlinge aufnehmen kann.
  • Wir begrüßen, dass die Große Koalition zur besseren Bewältigung der aktuellen Situation den Familiennachzug für Antragsteller mit subsidiärem Schutz für einen Zeitraum von zwei Jahren aussetzen wird. Es ist zu prüfen, in wie weit weitere Einschränkungen des Familiennachzugs möglich sind.
  • Wir brauchen jetzt endlich gestraffte Verfahren, die wirklich innerhalb von drei Monaten abgeschlossen und im Zweifel gerichtlich entschieden sind. Es ist zu prüfen, inwieweit der Rechtsweg verkürzt werden kann. Denn es ist für alle Betroffenen wichtig, Klarheit zu haben.
  • In den Erstaufnahmeeinrichtungen der Länder oder des Bundes müssen Asylbewerber und Flüchtlinge so lange bleiben, bis über ihren Antrag entschieden ist. Die Regelungen des Asylverfahrensbeschleunigungs¬gesetzes sind konsequent umzusetzen und anzuwenden.
  • Wir brauchen kurzfristig mehr Entscheider. Qualifizierte Mitarbeiter aus Behörden des Bundes, der Länder und Verwaltungen müssen ins BAMF abgeordnet bzw. entliehen werden. Noch mehr im Ruhestand befindliche Mitarbeiter müssen reaktiviert werden.
  • Diejenigen, die bei uns aufgrund unseres Asylrechtes bleiben, brauchen Unterstützung, Zuwendung und eine Lebensperspektive. Dazu gehört Deutschunterricht vom 1. Tag an und eine Einführung in die Werte und Normen unserer Gesellschaft.
  • Wenn die Aufnahme einer regulären Beschäftigung nicht gelingt, müssen kurzfristig Möglichkeiten einer sinnvollen gemeinnützigen Beschäftigung eröffnet werden. Dies kann beispielsweise bei gemeinnützigen Organisationen, kommunalen Einrichtungen oder Unternehmen sowie Wohnungsbau¬gesellschaften erfolgen. Tätigkeiten im Rahmen von öffentlicher Beschäftigung müssen gemeinwohlorientiert, wettbewerbsneutral, möglichst wohnungsnah sein und im öffentlichen Interesse liegen.
  • Diejenigen, die keine Bleibeperspektive haben, müssen konsequent und schnell in einem einheitlichen Verfahren direkt aus den Aufnahmeeinrichtungen zurückgeführt werden. Die Länder sind nunmehr aufgefordert, das bestehende geänderte Recht konsequent anzuwenden.
  • Wir begrüßen, dass sich der Bund dauerhaft, strukturell und dynamisch an den Kosten der Flüchtlingsaufnahme beteiligt. In jedem Falle müssen alle Länder im Rahmen strengster Konnexität die entstehenden Kosten den Kommunen vollständig erstatten.
  • Wir unterstützen die Maßnahme, den Bargeldbedarf in Erstaufnahmeeinrichtungen so weit wie möglich durch Sachleistungen zu ersetzen. Auch dies muss von den Ländern zügig umgesetzt werden.
  • Vor Ort werden große Anstrengungen unternommen, die Menschen in Not, die zu uns kommen und bleiben dürfen, mit ausreichendem Wohnraum, Bildungs- und Integrationsangeboten zu versorgen. Deshalb begrüßen wir, dass mit dem Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz für den Bund, die Länder und die Kommunen die Möglichkeit geschaffen worden ist, von Regelungen etwa im Vergabe-, Bau- und Energieeinsparrecht abzuweichen. Hier eröffnet sich eine große Chance, zumindest befristet, zu einer neuen Bewertung von Standards in Deutschland zu kommen.
  • Es ist richtig, die Hilfsbereitschaft vor Ort und das vorhandene Engagement durch die Einrichtung von zusätzlichen 10.000 Stellen im Freiwilligendienst des Bundes zu unterstützen und zu verstetigen. Hier können auch Asylberechtigte und aufgenommene Flüchtlinge eine sinnvolle Aufgabe übernehmen.
  • Wir begrüßen die Unterstützung des Bundes beim Neubau von Wohnungen und bei der Ausweitung des Bestandes an Sozialwohnungen durch die schnelle, unbürokratische und verbilligte Bereitstellung weiterer Immobilen und Liegenschaften des Bundes sowie die Aufstockung der Bundesmittel zur Finanzierung des sozialen Wohnungsbaus. Die Bundesländer sind aufgefordert, alle vom Bund zur Schaffung sozialen Wohnungsbaus zur Verfügung gestellten Mittel vollständig zweckbestimmt einzusetzen.
  • Wir schlagen vor, in Kooperation mit der Wirtschaft Programme zur Bildung und Weiterbildung speziell für Flüchtlinge zu erarbeiten, um sie für den Wiederaufbau in den Heimatländern oder die langfristige Integration in den Arbeitsmarkt zu qualifizieren. Dazu könnten auch „syrische Berufsschulen“ und „Jugendaufbauwerke“ errichtet werden, um schnell mit beruflicher Bildung beginnen zu können und parallel den Spracherwerb zu forcieren.
  • Wir wollen prüfen, ob eine gezielte auch finanziell geförderte Integrationspolitik im ländlichen Raum die Ballungsräume entlastet und neue Chancen für den ländlichen Raum eröffnet. Dazu könnte der Bund ein Modellprojekt zur Förderung der Kommunen zur langfristigen Aufnahme und Integration von Flüchtlingen auflegen.
  • Wir wollen prüfen, ob wieder eine grundsätzliche Residenzpflicht für Menschen, die wir aus humanitären Gründen aufnehmen, eingeführt werden kann. Wir müssen zusätzliche Wanderungsbewegungen in die Großstädte und Ballungsräume verhindern und eine gleichmäßige Verteilung in Deutschland gewährleisten.

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