Soziales

Beschluss kommunal 2007: Aktive Kommunalpolitik für mehr Beschäftigung

Die Kommunalpolitische Vereinigung fühlt sich in christlicher Verantwortung den Menschen verpflichtet, die aus eigener Kraft den Weg in die Arbeitswelt nicht finden. Um Menschen mit sogenannten mehrfachen Vermittlungshemmnissen zu helfen, haben die Bundesvertreter auf ihrer Versammlung 2007 eine eigene Strategie zur Lösung dieses Problems entworfen.

Berliner Erklärung – Leitantrag/Beschluss

Bundesvertreterversammlung
10. November 2007 in Berlin

Aktive Kommunalpolitik für mehr Beschäftigung

Die Kommunalpolitische Vereinigung der CDU und CSU Deutschlands hat die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe frühzeitig gefordert und innerhalb der Union durchgesetzt. Wir sind in christlicher Verantwortung den Menschen verpflichtet, die aus eigener Kraft den Weg in die Arbeitswelt nicht finden. Deshalb haben wir nach dem Grundsatz „Fördern und Fordern“ die Langzeitarbeitslosen und diejenigen Menschen im Blick, die – wie es heute heißt – mehrfache Vermittlungshemmnisse haben. Dabei ist das Ziel, die Menschen dauerhaft in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Der Weg dorthin erfordert jedoch vielfache soziale Hilfestellungen, die weit über die bloße Arbeitsvermittlung hinausgehen.

Neben den organisatorischen Fragen der Umsetzung der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe müssen Bund, Länder und Kommunen sich darum kümmern, dass Menschen eine sinnvolle Beschäftigung finden, die wesentlicher Bestandteil gesellschaftlicher Integration und Grundlage für Selbstwertgefühl und wirtschaftliche Eigenständigkeit sind.

Für uns haben die Kommunen eine große Verantwortung. Im Bereich der sozialen Fürsorge und individuellen Betreuung sind die Kommunen die traditionellen Aufgabenträger. Als Moderator und Koordinator können die Kommunen Initiativen für mehr Beschäftigung anstoßen und begleiten. Als Auftrag- und Arbeitgeber können Kommunen direkt und indirekt Beschäftigung in die Region bringen. Gemeinsam können Kommunen eine Region im Bundesland besser positionieren.

  1. Die Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik muss mit kommunaler und regionaler Wirtschafts- und Standortpolitik enger verzahnt werden. Statt zentraler Vorgaben sind funktionierende dezentrale Strukturen mit eigener politischer Legitimation und daraus resultierender Bürgernähe notwendig. Die Schnittstellen zu Kinder- und Jugendförderung ebenso wie zum Bildungssektor müssen auf erfolgreiche Integration in Erwerbstätigkeit ausgerichtet werden.
  2. Flexible und an den Betroffenen ausgerichtete Lösungen für mehr Beschäftigung und soziale Integration müssen in den Kommunen und Regionen erarbeitet werden. Die Arbeitslosengeld II-Bezieher brauchen selbstverantwortliche Ansprechpartner, die die Zeit und die Möglichkeiten zur individuell abgestimmten Hilfe, Beratung und Unterstützung haben. Bestehende arbeitsmarktpolitische Maßnahmen müssen flexibel ausgestaltet werden können.
  3. Die Ansiedlung von Unternehmen mit neuen Arbeitsplätzen in der Region können Kommunen eher gemeinsam schaffen. Mit interkommunaler Zusammenarbeit sind die Chancen im europäischen und globalen Wettbewerb größer, die Herausforderungen des demographischen Wandels besser zu meistern. Schlanke Genehmigungsverfahren möglichst aus einer Hand, die persönliche Betreuung von Unternehmen und die sachgebietsübergreifende Nutzung vorhandener Stärken können eine aktive Standortwerbung unterstützen.
  4. Gute Ausbildungsmöglichkeiten und berufliche Perspektiven können gerade junge Menschen an die Kommune oder in der Region langfristig binden und für Familien einen wichtigen Standortfaktor darstellen. Dazu gehören auch die guten Möglichkeiten der überbetrieblichen Ausbildung und die Qualität der Berufsschulen. Familie und Beruf müssen miteinander vereinbar sein. Kommunen müssen verschiedene Angebote von unterschiedlichen Betreuungs- und Bildungsangeboten organisieren. Die bereitgestellten Mittel des Bundes müssen zügig eingesetzt werden – hier können Wettbewerbsvorteile errungen werden.
  5. Die Felder gemeinnütziger Beschäftigung müssen vor Ort konsequent genutzt und erschlossen werden. Dem Gemeinwohl dienende Arbeit kann den betroffenen Menschen eine große Bestätigung und neuen Halt geben, sowie den Weg in den Arbeitsmarkt ebnen. Überall dort, wo wir ehrenamtliches Engagement einfordern, können wir mit gemeinnütziger Beschäftigung unterstützen. (Beispiel: Bürgerarbeit)
  6. Dort, wo die finanzielle Leistungsfähigkeit der Kommunen zum Einkauf wünschenswerter Angebote und Leistungen nicht ausreicht, sollten in Zukunft der Kommunalen Selbstverwaltung Möglichkeiten eingeräumt werden, den Wert öffentlicher Gebäude zu erhalten sowie wirtschaftliche Betätigung zu fördern. Demokratisch legitimiert und kontrolliert kann so in Zusammenarbeit – nicht etwa in Konflikt – mit der örtlichen Wirtschaft ein Beitrag zum Gemeinwohl geleistet werden. (Beispiele: öffentliche Förderung für Kinderbetreuung, Parken, Gepäckaufbewahrung)
  7. Gerade für Geringqualifizierte müssen neue sinnvolle Beschäftigungsmöglichkeiten gefunden werden. Immer weniger Arbeitsplätze stehen einer immer größeren Anzahl von Geringqualifizierten gegenüber. Diese Menschen brauchen aber langfristig aus Sicht der Betroffenen wie volkswirtschaftlich sinnvolle Beschäftigungsverhältnisse. Reguläre Beschäftigungsverhältnisse dürfen dabei nicht ersetzt werden, aber in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft und freien Trägern müssen die Kommunen neue Möglichkeiten entwickeln. Es kann sich beispielsweise lohnen im ÖPNV Begleit- oder Bahnhofspersonal zu bezahlen, statt die Kosten von Vandalismus zu tragen. Die Steigerung der örtlichen Lebensqualität durch Hilfskräfte ist hierbei erwägenswert (Beispiele: Auffinden defekter Straßenbeleuchtung, Präsenz auf öffentlichen Plätzen für Service und zur Prävention vor Vandalismus und Müll)
  8. Kommunen und kommunale Unternehmen können als Arbeitgeber, Auftraggeber und Zuwendungsgeber neue Beschäftigung vor Ort schaffen. Auch wenn die regionale Verteilung der kommunalen Einnahmen sehr unterschiedlich ist, sind viele Kommunen in der Lage den Investitionsstau zu beseitigen. Aufträge von Kommunen und den kommunalen Unternehmen müssen verstärkt der regionalen Wirtschaft zu gute kommen.
  9. Die Gestaltung und Verbesserung der Lebenssituation für Menschen mit sozialen Bedarfs- und Problemlagen ist ein zentrales kommunales Anliegen, da die Struktur und Situation der Einwohner die Kommunen prägt. Zugleich sind Menschen mit sozialen Bedarfslagen erheblich weniger mobil wie solche, die erfolgreich im Berufsleben stehen. Somit gewinnt die Gesellschaft am konkretesten in der Kommune dadurch, dass Bürger unabhängig von staatlichen Leistungen werden und selbstbestimmt ihr Auskommen durch Erwerbstätigkeit sichern können.
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