Christian Haase: Regierung muss bei den Ausgaben Prioritäten setzen
Christian Haase, Bundesvorsitzender der KPV und haushaltspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Interview mit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion:
Wenn der Bundestag Anfang September aus der parlamentarischen Sommerpause zurückkehrt, dann geht es gleich in die Beratungen um den Haushalt 2023. Laut Kabinettsentwurf sind im kommenden Jahr Ausgaben von rund 450 Milliarden Euro vorgesehen, also rund 50 Milliarden Euro weniger als in diesem Jahr. Die Neuverschuldung für 2023 wird mit rund 17 Milliarden Euro ausgewiesen. Erstmals seit 2019 soll wieder die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse eingehalten werden. Dazu ein Kurzinterview mit dem haushaltspolitischen Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Christian Haase.
Herr Haase, wie belastbar sind die Zahlen?
Haase: Beim ersten Sturm fällt das Kartenhaus zusammen. Und der startet gerade: Da wackeln viele Positionen. Täglich kommen neue Wünsche aus den Ministerien hinzu, und für angekündigte Entlastungspakete fehlt die Finanzierung. Als Puffer für unvorhergesehene Ausgaben sind 5 Milliarden Euro eingeplant. Das wird vorne und hinten nicht reichen.
Wo würden Sie andere Schwerpunkte setzen?
Haase: Die Regierung folgt in weiten Teilen immer noch dem Reflex, alle Probleme mit Geld zuzuschütten. Das zeigt die „You´ll never walk alone“-Aussage des Kanzlers. Es geht also in erster Line gar nicht um mögliche andere Schwerpunkte, sondern darum, überhaupt welche zu setzen.
Was wir brauchen, ist ein Entlastungspaket für untere und mittlere Einkommen. Die Mehreinnahmen des Staates infolge der Inflation müssen wir an die Bürgerinnen und Bürger zurückgeben. Wir müssen an diejenigen denken, die jeden Tag zur Arbeit gehen und unser Land am Laufen halten. Die Regierung hat aber die Handwerker und die kleineren und mittleren Unternehmen schon wieder vergessen. Die Einführung eines Bürgergeldes mit deutlicher Erhöhung der Leistungen für diejenigen, die keiner Arbeit nachgehen, ist das vollkommen falsche Signal.
Ich frage mich auch, ob wir 6,3 Milliarden Euro an einen internationalen Klimafonds zahlen müssen oder ob wir das nicht verschieben können. Wir geben viel Geld für Diversitätsförderprogramme aus, vergessen aber wichtige gemeinsame Investitionen mit den Bundesländern wie etwa in Löschflugzeuge und Löschhubschrauber.
Wie wahrscheinlich ist es, dass im nächsten Jahr tatsächlich die Schuldenbremse wieder eingehalten wird?
Haase: Das ist die spannende Frage. Denn die Rufe von SPD und Grünen nach einer erneuten Aussetzung oder sogar Abschaffung der Schuldenbremse werden immer lauter. Die Schuldenbremse ist aber keine Frage des politischen Willens, sondern eine Verfassungsfrage. Mit CDU/CSU wird es keinen Verfassungsbruch geben und wenn die FDP bei solchen Tricksereien mitmacht, verliert sie ihre Glaubwürdigkeit. An dieser Frage wird sich entscheiden, ob die Koalition hält. Noch ist die Bindungswirkung größer als die Fliehkräfte.
Aber der Druck auf die Regierung nimmt täglich zu. Es gibt so gut wie keine finanziellen Spielräume mehr. Der Finanzminister nimmt sich für 2023 bereits satte 40,5 Milliarden Euro aus der Rücklage des Bundes. Ursprünglich geplant waren 28 Milliarden Euro. Selbst wenn die Schuldenbremse dadurch eingehalten werden kann, wird es in den Folgejahren umso schwieriger. So funktioniert die Ampel: Sie geht Probleme nicht an, sondern verlagert sie in die Zukunft.