Strukturpolitik

Großes Interesse für Mammutprojekt

Über 500 Gäste kamen gestern zum Kongress "Ländliche Räume, regionale Vielfalt – wie gestalten wir die Zukunft?", zu dem die Regierungskoalition eingeladen hatte. Experten aus der Wirtschafts-, Kommunal- und Tourismuspolitik sowie aus der Sozial- und Gesundheitspolitik informierten und diskutierten mit den Gästen die großen Herausforderungen, die der demografische Wandel auch und gerade für ländliche Räume mit sich bringt sowie mögliche Herangehensweisen und Lösungen.

Die auf dem Kongress diskutierten Fragen und möglichen Lösungen sollen im Anschluss an die Veranstaltung ausgewertet und im Ergebnis zu einem Katalog konkreter Empfehlungen führen. Die Umsetzung der Maßnahmen ist für das zweite Halbjahr 2012 angedacht. Verantwortlich hierfür ist die Arbeitsgruppe „Ländliche Räume, regionale Vielfalt“ der Regierungskoalition. Sie besteht aus 15 Experten, darunter auch Peter Götz MdB, KPV-Bundesvorsitzender und kommunalpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Wegen eines Trauerfalls konnte er jedoch gestern nicht an der Veranstaltung teilnehmen. Er wurde von Max Straubing MdB vertreten. Den Vorsitz der Arbeitsgruppe hat Ingbert Liebing MdB, Landesvorsitzender der KPV Schleswig-Holstein.

Große Bedeutung für ganz Deutschland

Pünktlich um 12.30 Uhr eröffnete Ingbert Liebing MdB die Veranstaltung. In seiner Rede betonte er die große Bedeutung der ländlichen Räume für Deutschland. Denn gerade hier, in den Dörfern, kleinen und mittleren Städten, lebe etwa die Hälfte der Bürger. Auch ein Großteil der knapp 3,5 Millionen Wirtschaftsbetriebe sei in Gemeinden und Mittelstädten der Fläche zu finden. Die Bundesregierung erachte diese Regionen folgerichtig als sehr wertvolle Bestandteile des Landes und unterstütze sie mit zahlreichen Initiativen wie z. B. beim Breitbandausbau und dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz. Doch bedingt durch den demografischen Wandel sei absehbar, dass weitere Anstrengungen zur Stärkung der Regionen erforderlich würden. Schon jetzt stelle der Arbeitskräftemangel im ländlichen Raum ein großes Problem dar, dass sich künftig durch Überalterung und Abwanderung in Ballungsgebiete verstärken werde. „Der Schlüssel für die Stabilisierung der ländlichen Räume ist eine gesunde Wirtschaft und Landwirtschaft“, so Liebing. Das Leben in ländlichen Räumen müsse für gut qualifizierte Arbeitskräfte attraktiv sein. Dazu gehörten Breitbandangebote, gute Verkehrsanbindungen an die großen Verkehrsachsen, die schulische, soziale und medizinische Versorgung sowie kulturelle Angebote.

Konkrete Ziele dringend nötig

Dem stimmte Volker Kauder MdB, Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, zu und mahnte, dass man zur Stärkung der ländlichen Räume konkrete Ziele vereinbaren müsse. Außerdem müsse sich die Einstellung zum demografischen Wandel ändern. Denn dieser sei keine Katastrophe, sondern eine Chance, deren Potenziale genutzt werden müssten. Es gelte jetzt Lösungen für die sich abzeichnenden Probleme zu entwickeln, um nicht nur auf Veränderungen zu reagieren, sondern diese gestalten zu können. So sei es enorm wichtig, die Qualität der Bildung und Ausbildung zu steigern, damit Arbeitsstellen vor Ort geschaffen, ausgebaut und mit Fachkräften besetzt werden könnten. Auch im Bereich der medizinischen Versorgung seien neue Wege denkbar wie zum Beispiel der Ausbau der Telemedizin und die verbesserte Möglichkeit zur Delegation ärztlicher Leistungen, zum Beispiel wie im Modellprojekt „Gemeindeschwester AGnES“. Da die Mehrheit der Medizinerinnen statt der Selbstständigkeit ein Angestelltenverhältnis in einer Praxis wünsche, sei auch dies bei der Ärzteversorgung auf dem Land stärker zu berücksichtigen.

Auf Interkommunale Zusammenarbeit setzen

Als letztes gab Rainer Brüderle MdB, Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion, eine Einführung in das Thema aus seiner Sicht. Auch er betonte die Bedeutung eines starken Mittelstandes. Er verwies darauf, dass Deutschland wegen seines guten Ausbildungssystems, des starken Mittelstandes sowie durch das System des Föderalismus so erfolgreich sei. Denn durch die kommunale Selbstverwaltung könne individuell und gezielt auf die Gegebenheiten und Herausforderungen vor Ort reagiert werden. Da die Kommunen vielfach vor finanziellen Problemen stünden und die Folgen des demografischen Wandels große Kosten verursachen würden, müsse verstärkt auf Interkommunale Zusammenarbeit gesetzt werden, so Brüderle.

Die Module

Nach der Einführung wurden in drei unterschiedlichen Modulen die Herausforderungen für den ländlichen Raum vorgetragen und referiert. Modul 1: Wachstum, Beschäftigung und Infrastruktur stärken. Modul 2: Tourismus fördern, Regionen attraktiv gestalten. Modul 3: Neue Wege in der Daseinsvorsorge gehen. In den Modulen wurden die jeweiligen Themen intensiv besprochen. Wichtige Fragen waren dabei u. a.: Wie  lässt sich Interkommunale Zusammenarbeit umsetzen? Wie kann Mobilität für dünner besiedelte Räume gesichert werden? Wie können bürgernahe Dienstleistungen effizient erbracht werden? Wie lässt sich die Gesundheitsversorgung auf dem Land gewährleisten? Wie kann dem allgemeinem Arbeitskräftemangel und dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden? Wie kann man altengerechten Wohnraum fördern? Wie lassen sich Bildungsangebote in den ländlichen Räumen halten und neu entwickeln? Wie kann verhindert werden, dass Unternehmen und Bewohner des ländlichen Raumes von der Wertschöpfung abgekoppelt werden? Wie kann und soll die Breitbandversorgung ausgebaut werden? Wie können Kommunen und Regionen angeregt werden, sich stärker mit dem Thema Demografie zu befassen und Bedarfspläne aufzustellen? Wie kann der ländliche Tourismus gestärkt werden? Wie kann das Ehrenamt gestärkt werden?

Weitere Informationen finden Sie hier: www.kongress-laendliche-raeume.de

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