Hausarzt gesucht!
Lokale Bündnisse zur Gesundheitsversorgung vor Ort, eine Imagekampagne für den Hausarztberuf und eine zweite Universität in Rheinland-Pfalz für das Medizinstudium haben die KPV-Landesvorsitzende und stv. Bundesvorsitzende der KPV, Anke Beilstein MdL, Landes- und Bundespolitiker sowie Experten beim Gesundheitskongress der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU Rheinland-Pfalz (KPV) vor mehr als 100 Kommunalpolitikern in Kaisersesch gefordert.
Zuvor hatten Vertreter der Wissenschaft, der Ärzteschaft, der Krankenkassen, der Kommunal- und Landespolitik und des Bundestages die Probleme skizziert und mit Landräten, Abgeordneten, Bürgermeistern und Ratsmitgliedern aus ganz Rheinland-Pfalz diskutiert.
In ihrem Eingangsstatement forderte die KPV-Landesvorsitzende und stv. Bundesvorsitzende der KPV, Anke Beilstein MdL, den ländlichen Raum besonders auch für junge Familien attraktiver zu machen. Dazu gehöre neben einer guten Straßenanbindung, einem funktionierenden ÖPNV und einer schnellen Internetverbindung ganz wesentlich auch eine flächendeckende ärztliche Versorgung. Hier hätten die SPD-geführten Landesregierungen über viele Jahre die Probleme nicht erkannt, um dann verspätet und unzureichend zu reagieren, so Beilstein: „Vielfach, zuletzt in einem großen Parlamentsantrag im Oktober 2014 hat die CDU-Landtagsfraktion auf die Engpässe in der ärztlichen Versorgung in Rheinland-Pfalz hingewiesen. Bereits 2002 hatte der Präsident der Landesärztekammer auf die Problematik unbesetzter Arztstellen und die drohende Versorgungslücke hingewiesen. Die derzeitige Ministerpräsidentin und damalige Sozialministerin Malu Dreyer stritt damals jeden Handlungsbedarf ab. Das tat sie auch noch drei Jahre später. Erst 2007 wurde ein sogenannter Masterplan präsentiert, der aber nur halbherzig umgesetzt sein Ziel der flächendeckenden Versorgung nicht erreichte. Dabei drängt das Problem: Mehr als 50 Prozent der 2716 Hausärzte in Rheinland-Pfalz sind 55 Jahre und älter, mehr als 30 Prozent sogar 60 Jahre und älter. Wir brauchen Anreize für junge Ärzte aufs Land zu kommen. Viele junge Frauen sind im Arztberuf aktiv, wir brauchen mehr Verträglichkeit von Familie und Beruf, wir brauchen Stipendien-Studienprogramme und vieles mehr.“
Neben dem Problem der Überalterung der Ärzteschaft konstatierte Prof. Dr. Jakob von der Universität Trier auch ein gewaltiges Imageproblem für den Hausarzt. Bei von ihm initiierten Umfragen unter Medizinstudenten bundesweit hätten sich bei mehr als 11000 Teilnehmern nur etwa 7,3 Prozent der männlichen Studenten und 10 Prozent der weiblichen Studenten in Erwägung gezogen, den Weg zum Allgemeinmediziner zu gehen. Die große Mehrheit strebe eine Facharztkarriere an. Dazu komme die Tendenz, Ballungszentren zu bevorzugen und in Regionen mit vielen Privatpatienten zu gehen.
Bestehende Förderprogramme
Über die Förderungsmöglichkeiten der Kassenärztlichen Vereinigung in Rheinland-Pfalz informierte die Vorstandsvorsitzende der kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz , Dr. Sigrid Ultes-Kaiser. Um dem Nachwuchsmangel im ländlichen Raum entgegen zu wirken, biete die KV beispielsweise eine Niederlassungsberatung für junge Ärzte an, dazu eine Internetplattform für interessierte Kommunen. In ausgewiesenen Förderregionen könnten beispielsweise Praxisneugründungen oder Übernahmen mit einmalig 60000 Euro unterstützt werden, auch eine Förderung bei der Anstellung eines Arztes mit bis zu 1000 Euro bis zu 60 Monate sei möglich. Entscheidend für die jungen Ärzte heute bei einer Niederlassung im ländlichen Raum sei Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Freizeit, ein Arbeitsplatz für den Ehepartner und die Erreichbarkeit der nächstgelegenen Großstadt.
Eine entscheidende Rolle für die Telemedizin sah die Vertreterin der Techniker Kasse Rheinland-Pfalz, Anneliese Bodemar. Via Internet könnten Termine vereinbart, der Arztbesuch elektronisch vorbereitet, Messwerte elektronisch übermittelt werden. Neben der Einrichtung von Online-Sprechstunden könnten in Zusammenarbeit mit den Kommunen ein Arztbus, die mobile Praxis, die Einführung von Sammeltaxis zum Arzt oder auch die Bereitstellung von gemeindeeigenen Praxisräumen mit wechselnder Arztbesetzung organisiert werden. Die Beispiele aus der Region Rheinhessen durch Bürgermeister Reinhold Bott und den Koordinator der ambulanten Versorgung des Kreises Dithmarschen, Harald Stender ergänzten die Diskussion. Erprobt werden dort ambulante Systemmodelle in den Gemeinden mit Ärztezentren wie beispielsweise in Büsum, so Stender. Hier seien neben Allgemeinmedizinern, Apotheke, Physiopraxis und Heilpraktiker versammelt. Reinhold Bott berichtete über das Angebot der Gemeinde, kostenlos Praxisräume zur Verfügung zu stellen und Zuschüsse zu geben.
In der abschließenden Diskussionsrunde sprachen sich die Experten für eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen den Kammern, Krankenkassen und Kommunen aus. Gleichzeitig müsse das Image des Hausarztes und Allgemeinmediziners verbessert werden. Zudem forderte der Landrat des Kreises Trier-Saarburg, Günther Schartz, eine zweite medizinische Fakultät in Rheinland-Pfalz in Trier oder Koblenz. Die beim Kongress gewonnenen Erkenntnisse werde man in die parlamentarische Arbeit im Landtag einbringen, kündigte Anke Beilstein an.
Artikel drucken