Kommunale Agenda startet: Infrastrukturpaket muss die Kommunen erreichen!

Im Koalitionsvertrag verpflichtet sich die neue Regierungskoalition auch in Bezug auf die Kommunen zu einem echten Politikwechsel: „Bei Gesetzen, die die Kommunen betreffen, prüfen wir ab sofort die Kommunalverträglichkeit mit Blick auf finanzielle und organisatorische Auswirkungen unter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände.“ Das ist der Praxischeck, den wir lange gefordert haben. So muss das Vertrauen in die Demokratie gestärkt werden.

Die neue unionsgeführte Bundesregierung löst erste kommunalrelevante Versprechen ein: Der Förderzeitraum zur Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung wird zunächst um 2 Jahre verlängert. Hier gelingt ein erster Schritt der Anpassung an die kommunale Wirklichkeit.

Die finanzielle Situation der Kommunen ist fatal. Daher ist aus kommunaler Sicht jede Maßnahme, die die Wirtschaft entlastet und ankurbelt, ein Gewinn, soweit etwaige finanzielle Ausfälle der Kommunen wenigstens vorübergehend kompensiert werden: Keine Steuerreform ohne die Kommunen.

Das kommunale Defizit in Höhe von voraussichtlich knapp 25 Mrd. Euro im letzten Jahr wächst weiter, die neue Steuerschätzung gibt zur weiteren Warnung Anlass. Dies trifft unsere Gesellschaft ins Herz. Notwendige Investitionen und die Daseinsvorsorge insgesamt stehen zur Disposition – ebenso wie die Anhebung kommunaler Realsteuern. Das Investitionspaket des Bundes kann Teil einer Lösung sein, wenn es gut ausgestaltet wird.

  1. Das Infrastrukturpaket des Bundes gelingt nur in Kooperation und im Vertrauen auf die Kommunen. Im Grunde alle Investitionen in Deutschland durchlaufen kommunale Planungs- und Genehmigungsprozesse. Die Kommunen und ihre kommunalen Unternehmen verantworten den überwiegenden Teil der Investitionen der öffentlichen Hand. Die Kommunen müssen deshalb an dem Gesetzgebungsprozess und der gesetzlichen Ausgestaltung des Investitionspakets maßgeblich beteiligt werden. Es ist sicherzustellen, dass wirklich ausschließlich investive und keine konsumtiven Ausgaben getätigt werden. Dies ist in den kommunalen Haushalten (Doppik) am einfachsten zu gewährleisten. Nur echte Investitionen schaffen zukünftige Werte mit langfristigem Nutzen und rechtfertigen die Kreditaufnahme.
  2. Der Länder- und Kommunalanteil am Infrastrukturpaket des Bundes im Umfang von 100 Mrd. Euro muss in erster Linie in den Kommunen ankommen. Kommunen brauchen schnell Klarheit und Planungssicherheit. Die Mittel für kommunale Infrastruktur müssen als freie investive Mittel den Kommunen bereitgestellt und Folgekosten transparent gemacht werden. Dies ist über einen Staatsvertrag zu erreichen. Das Konjunkturpaket II aus den Jahren 2009/10 sollte bei der Umsetzung als Blaupause herangezogen werden. Die Mittelvergabe vor Ort ist demokratisch legitimiert und zum Wohle der Gemeinschaft. Wir vertrauen auf die Kommunen und die Entscheidungsträger vor Ort!
  3. In der derzeitigen Lage der Kommunalfinanzen muss auf eine Co-Finanzierung verzichtet werden. Selbst bisher finanzstarke Kommunen sind derzeit nicht in der Lage, Eigenanteile zu finanzieren. Für strukturschwache Kommunen wäre eine Beteiligung gänzlich ausgeschlossen. Die Mittel werden sonst keine wertschöpfende oder konjunkturelle Wirkung erzielen. Auch der Verwaltungsaufwand bleibt ohne Co-Finanzierung geringer.
  4. Die Aufsicht über die Mittelverwendung erfolgt im Rahmen der bestehenden Kommunalaufsicht der Länder. Es bedarf keiner Zuwendungsbescheide und komplizierter Rechnungslegungen (analog Konjunkturpaket). Wir vertrauen auch hier auf die kommunale Selbstverwaltung und die Entscheidungsträger vor Ort. Allerdings muss jede getätigte Investition aus dem Investitionspaket sichtbar gemacht werden (analog „Aufbau Ost“, z.B. durch entsprechende Hinweise oder Logos).
  5. Die Länder bleiben für die aufgabenadäquate und auskömmliche Finanzierung der Kommunen zuständig und dürfen zusätzliche Investitionsmittel nicht dazu nutzen, den kommunalen Finanzausgleich auszuhöhlen. Die Länder erhalten mit der Reform der Schuldenbremse einen größeren finanziellen Handlungsspielraum, den sie ausschließlich für Investitionen nutzen müssen.
  6. Wir wollen einen Modernisierungsschub: Bund und Länder müssen schnell Investitionshemmnisse beseitigen. Die öffentliche Vergabe muss vereinfacht, Schwellenwerte erhöht und Freihandvergabe ermöglicht werden. Wir brauchen kurzfristig ein Planungs- und Beschaffungsbeschleunigungsgesetz. Der Bund und die Länder müssen den administrativen Aufwand z.B. beim Bau verringern, die Digitalisierung und die Nutzung elektronischer Standards müssen stärker genutzt werden, der gerichtliche Instanzenzug muss verkürzt, Verbandsklagen zurückgeführt und insgesamt eine effizientere Beteiligung der Bürgerschaft realisiert werden. Bund, Länder und Kommunen müssen einfachere, schlanke, möglichst digitale Verfahren entwickeln.
  7. Die zusätzlichen Investitionen in den Klimaschutz (KTF) und die Gesundheitsinfrastruktur müssen ebenso vom Bürokratieabbau und der Planungsbeschleunigung erfasst werden. Die Verwendungsnachweise müssen vereinfacht und automatisiert werden. Kommunen müssen auch erheblich vom KTF profitieren. Unter anderem die Umsetzung kommunaler Wärmeplanung und die Klimafolgenanpassung sind große Aufgabenstellungen, die zum großen Teil vor Ort in den Kommunen und aus dem KTF gemeistert werden müssen.
  8. Im Zuge der Investitionspakets und des KTF muss Investitionen in die Digitalisierung vorangetrieben, jede Form der interkommunalen Zusammenarbeit ermöglicht und Hürden insbesondere im Steuer- und Arbeitsrecht beseitigt werden.
  9. Wir brauchen die Abschaffung bzw. Aussetzung von Standards und bürokratischen Vorgaben der letzten Jahre und Jahrzehnte. Jedes Ministerium muss pro Monat mindestens eine Regelung dem Parlament vorschlagen, die ersatzlos gestrichen wird. Verbleibende Standards und bürokratische Vorgaben sind auf ein zwingend notwendiges Minimum zu reduzieren – und zudem Freiräume zu eröffnen, um Gegebenheiten vor Ort besser bei der konkreten Ausgestaltung und Umsetzung berücksichtigen zu können.
  10. Das strukturelle Grundproblem, dass die Kommunen rund 25% der öffentlichen Aufgaben erledigen und nur über rund 14 % der Steuereinnahmen verfügen, muss nachhaltig gelöst werden. Der Anteil der Gemeinden, Städte, und Landkreise am Gesamtsteueraufkommen muss entsprechend ihrem Aufgabenanteil erhöht werden, um die Funktionsfähigkeit der örtlichen Daseinsvorsorge aufrechterhalten zu können.

Lesen Sie hier den Beschluss als pdf:

Beschluss_Infrastrukturpaket für die Kommunen

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