Soziales

Organisation der Hilfen für Langzeitarbeitslose jetzt neu gestalten

Durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 20.12.2007 sieht die KPV die Chance, die Verantwortungsvermischung und Intransparenz der Leistungserbringung bei der Betreuung Langzeitarbeitsloser zu beseitigen und die kommunale Selbstverwaltung zu stärken. In seinem Beschluss vom 6. Juni 2008 hat der KPV-Bundesvorstand sechs Eckpunkte vorgelegt, um dies erreichen zu können.

Beschluss des Bundesvorstandes und des Hauptausschusses am 6. Juni 2008

Die Kommunalpolitische Vereinigung der CDU und CSU Deutschlands (KPV) sieht im Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 20.12.2007 eine Chance, die Organisation der Hilfen für Langzeitarbeitslose zukunftsfest auszugestalten. Jetzt gilt es, die verfassungswidrige Verantwortungsvermischung und die Intransparenz der Leistungserbringung zu beseitigen und gleichzeitig der zentralistischen Vereinnahmung der Kommunen durch die Bundesagentur entgegenzuwirken. Dies stärkt die kommunale Selbstverwaltung.

Die KPV hält an der Zusammenführung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe in Deutschland fest. Nur „Fördern und Fordern aus einer Hand“ gewährleistet eine optimale Betreuung der Erwerbsfähigen und ihrer Familien mit dem Ziel der Integration in Arbeit und der Unabhängigkeit von staatlicher Unterstützung. Die KPV fordert den Bund und die Länder auf, die Trägerschaft des SGB II verfassungsgemäß und zukunftssicher zu regeln, gegebenenfalls auch durch eine Änderung des Grundgesetzes.

Wenn heute Städte und Kreise in der Lage sind, leistungsstark, kreativ und sachgerecht Arbeitsfähige in Deutschland zielgerichtet in den Arbeitsmarkt zu integrieren, müssen Bund und Länder sicherstellen, das Kommunen, die diese Aufgabe übernehmen wollen, dies auch dürfen. Dabei müssen „Fördern“ und „Fordern“ gleichgewichtig beachtet werden.
Im Interesse der Langzeitarbeitslosen und der Beschäftigten im SGB II fordern wir klare Zuständigkeiten. Neue undurchsichtige Verwaltungsstrukturen, Mischverwaltungen und Umgehungstatbestände lehnen wir ab.

Für die Kommunen, die diese Aufgabe nicht allein durchführen können oder wollen, ist eine gleichberechtigte Zusammenarbeit von Kommune und Arbeitsagentur sicherzustellen.
Finanzielle Risiken der Aufgabenerfüllung dürfen nicht auf die Kommunen übertragen werden. Die im SGB II verankerten Finanzwege sind beizubehalten. Insbesondere muss die gesetzlich zugesicherte Entlastung der Kommunen um bundesweit jährlich 2,5 Mrd. € sichergestellt werden.

Kommunale Eckpunkte einer Neuregelung des SGB II in Kürze:

  1. Wir fordern die Bundesregierung auf, sich zu der Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zu einer Leistung aus einer Hand zu bekennen. Bei rückläufigen Arbeitslosenzahlen wird deutlich, wie notwendig eine intensive Betreuung der immer noch vorhandenen Langzeitarbeitslosen ist. Es geht immer mehr um die sozialpolitische Bedeutung, damit die Menschen ihr eigenes Einkommen erarbeiten und ihre Familien versorgen können. Verschiebebahnhöfe, Drehtüreffekte, Verantwortungslosigkeit und bürokratisches Wegsehen können wir auch aus christlicher Verantwortung nicht hinnehmen. Eine gro߬flächige getrennte Aufgabenwahrnehmung lehnen wir ab. Die Kommunen müssen ihre sozialpolitische Kompetenz in das SGB II System einbringen können.
  2. Um eine Neuordnung bis 2010 zu gewährleisten muss bis spätestens zum 31. März 2009 Rechtssicherheit hergestellt werden. Dies bedeutet, dass sich CDU und CSU zügig auf ein gemeinsames Konzept verständigen, damit mit dem Koalitionspartner ein Einvernehmen hergestellt werden kann. Die Union hat dabei in der letzten Legislaturperiode eine klare Richtung vorgegeben und eine besondere Verantwortung gegenüber den Optionskommunen übernommen. Eine Erweiterung und Entfristung des Optionsmodells ist -gegebenenfalls mit Verfassungsänderung – daher sicherzustellen.
  3. Der Zeitrahmen wurde vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich so vorgegeben, um es dem Gesetzgeber auch zu ermöglichen, die Ergebnisse der 30 Millionen Euro teuren, groß angelegten wissenschaftlichen Evaluation nach § 6a SGB II zu berücksichtigen. Den Bürgerinnen und Bürgern ist es nicht zu vermitteln, dass eine Experimentierklausel eingeführt wird, deren Ergebnisse allerdings nicht Berücksichtigung finden und rund 30 Millionen Euro verschwendet werden.
  4. Die Lösung für ARGEn und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bedarf einer gesetzlichen Änderung des SGB II und kann nicht untergesetzlich vorgenommen werden. Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages sind aufgefordert, sich der Verantwortung zu stellen und die verfassungswidrigen Regelungen im SGB II in einem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren zu ändern. Wenn es hierfür einer Verfassungsänderung bedarf, ist in diesem Zuge auch die Möglichkeit für die Kommunen zu regeln, sich für eine unbefristete Übernahme der Gesamtaufgabe – die Option – zu entscheiden.
  5. Um dem Einzelnen zu helfen, sich langfristig in den Arbeitsmarkt zu integrieren, brauchen wir persönlich angepasste Hilfeinstrumente. Kreativität und Flexibilität sind gefragt. Generelle Verordnungen, zentralistische Gleich¬macherei und Regelungswut sind der falsche Weg. Wir wollen moderne Steuerungselemente, wie Steuerung über Zielvereinbarungen, Controlling- und Benchmarksysteme, Finanzierung durch auskömmliche Budgets und Fallpauschalen mit größtmöglichem Gestaltungsfreiraum vor Ort.
  6. Durch die Neuausrichtung der Organisationsform darf es nicht zu finanziellen Lastenverschiebungen und Abwälzen der finanziellen Risiken auf die Städte und Kreise kommen. Die bestehende Finanzverantwortung des Bundes und das Ziel der dauerhaften Entlastung der Kommunen müssen erhalten bleiben. Kommunen erbringen einen gewichtigen Eigenanteil und müssen durch Anreizsysteme vom Rückgang der Langzeitarbeitslosigkeit profitieren.
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