Beschluss der KPV-Bundesvertreterversammlung 2024: – Kommunen – Nah dran – Kompetenzen nutzen – Eckpunkte zum Wahlprogramm von CDU und CSU
Auf der Bundesvertreterversammlung der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU und CSU Deutschlands (KPV) wurde am 16. November 2024 der Beschluss “– Kommunen – Nah dran – Kompetenzen nutzen – Eckpunkte zum Wahlprogramm von CDU und CSU“ verabschiedet.
Kommunen – Nah dran – Kompetenzen nutzen – Eckpunkte zum Wahlprogramm von CDU und CSU
Die Stärke unseres Gemeinwesens beweist sich für die Bürgerinnen und Bürger vor allem durch starke Kommunen vor Ort. Sie sind für den Vollzug der meisten Gesetze verantwortlich und lösen die Probleme vor Ort. Grundlagen dafür sind das Vertrauen in die Kommunen, funktionierende Strukturen und solide Finanzen. Auf dieser Basis wollen wir mehr Gestaltungsmöglichkeiten vor Ort eröffnen, damit die Selbstverwaltung achten und die örtliche Demokratie und den gesellschaftlichen Zusammenhalt sowie die Mitwirkung stärken.
Kommunen stehen für glaubwürdiges und verlässliches Handeln. Wir wissen, dass sich politische Ziele und Versprechen an den Realitäten orientieren und wir das tägliche Leben der Menschen vorrangig in den Blick nehmen müssen. Daran muss sich unsere Politik messen lassen.
Immer neue Aufgaben ohne ausreichende Finanzierung haben das Finanzierungsdefizit der Kommunen beschleunigt. Neben einer herausfordernden Haushaltslage sind die Kommunen in unserem Land zudem mit den Folgen des Fachkräftemangels und einer zunehmenden Aufgabenvielfalt konfrontiert. Kaum umsetzbare, überfordernde rechtliche Vorgaben und fehlende digitalisierbare Verwaltungsverfahren gefährden die Handlungsfähigkeit der Kommunen. Diese Lage erkennen wir und werden uns an der Politik des Machbaren anstatt des Wünschenswerten ausrichten. Übertragene Aufgaben müssen nachhaltig finanziert werden, damit die grundgesetzlich garantierte kommunale Selbstverwaltung möglich bleibt.
Unsere Kommunen sind die Orte der Wirklichkeit und die Basis unseres föderalen Systems. Die kommunale Ebene arbeitet aber oft an der Belastungsgrenze und mit immer weniger eigenen Gestaltungsmöglichkeiten. Um die Leistungsfähigkeit unserer Kommunen aufrechtzuerhalten, brauchen wir eine umfassende Entlastung der Kommunen und die Modernisierung des Staates, strengste Konnexität und den Abbau von Bürokratie. Wir müssen deshalb in Zusammenarbeit mit den Kommunen und Ländern eine gezielte Überprüfung der bestehenden Standards vornehmen und prüfen, ob den Kommunen übertragene Pflichtaufgaben reduziert werden können.
Wir müssen das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger zurückgewinnen und realistische politische Ziele verfolgen.
Ein Wahlprogramm und ein Koalitionsvertrag dürfen nur solche politischen Ziele aufnehmen, die unter enger Einbindung von Praktikern der umsetzenden Ebene entwickelt wurden. So können wir die notwendige Akzeptanz, das Vertrauen und die Glaubwürdigkeit von Politik zurückgewinnen und das Vertrauen in den Staat, seine Institutionen und die Parteien sowie die Amts- und Mandatsträger vor Ort stärken.
Die Kommunalen der Union fordern:
Engere institutionalisierte Einbindung kommunaler Praxiserfahrung in einen besseren Gesetzgebungsprozess (Umsetzungscheck).
- Bund-/Länderkoordinierung muss die Kommunen frühzeitig einbinden.
- Subsidiarität achten und die Entscheidungsfreiheit auf kommunaler Ebene stärken. Nicht regeln was man kann, sondern nur regeln was man muss.
- Vertrauen in die Kommunen und Resilienz: Einzelne Fehler und Unterschiede orientiert an den örtlichen Gegebenheiten ertragen, mehr Beinfreiheit.
- Instrumente der Subsidiaritätsprüfung auf nationaler und europäischer Ebene ausbauen und nutzen.
- EU-Regelungen, welche auf kommunaler Ebene umgesetzt werden sollen, begrenzen und bei der Umsetzung in nationales Recht nicht durch zusätzliche Vorgaben verschärfen (kein „Gold-Plating“).
- Festhalten am Verbot des Bundesdurchgriffs auf die Kommunen auch für alle bundesrechtlich veränderten oder neu geschaffenen Aufgaben, Schlupflöcher des Durchgriffsverbotes schließen.
- Keine neuen oder die Ausweitung kommunaler Pflichtaufgaben (ohne eine Prüfung auf Machbarkeit sowie ausreichende und dauerhafte Finanzierung).
- Bund und Länder müssen in Abstimmung mit den Kommunen und den kommunalen Spitzenverbänden Lösungen finden, die Ausgabendynamik bei den Sozialausgaben zu stoppen.
- Stärkung der kommunalen Entscheidungsmöglichkeiten in der Kinder- und Jugendhilfe – persönliche Haftung der Mitarbeiter reduzieren.
- Konstruktionsfehler der individuellen Rechtsansprüche gegenüber den Kommunen beseitigen; besser einen Pakt für die Ganztagsbetreuung nach Bedarf mit Konnexität.
- Moratorium beim Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung: Der Ausbau kann nur ressourcengerecht erfolgen. Das Problem ist neben den Kosten und den fehlenden Flächen/Gebäuden vor allem die nicht vorhandenen Fachkräfte.
- Überprüfung der Regelungstiefe und -reichweite staatlicher Leistungen und Beschränkung auf die Kernbereiche der staatlichen Aufgaben.
- Strukturelle Erhöhung des Anteils an den Gemeinschaftssteuern statt Festbeträge u.a. bei Abbau Bürokratielastiger Förderprogramme. Bei Erhöhung des kommunalen Anteils an der Umsatzsteuer nach geeigneten bedarfsgerechten Strukturkriterien verteilen.
- Das Prinzip der Gleichwertigen Lebensverhältnisse in Stadt und Land muss wieder aufgegriffen und gelebt werden. GAK und GRW bleiben dafür die Leitinstrumente.
- Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) weiterentwickeln und um die Komponenten ländliche Entwicklung ergänzen – und Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur (GRW) um die Möglichkeiten von Regionalbudgets erweitern für mehr Flexibilität in der Mittelnutzung und zum Abbau von Bürokratie.
- Anreize zur Ansiedlung von Unternehmen in strukturschwache Räume und Verlagerung von Bundesbehörden (Dezentralisierungsstrategie). Aussetzen von baurechtlichen und energetischen Vorgaben.
- Entwicklung eines Infrastrukturfonds zur Mobilisierung von Kapital von Bürgerinnen und Bürgern sowie institutionellen Anlegern.
- Überprüfung und Anpassung aller Vorgaben im Klimaschutz und bei der Klimaanpassung hinsichtlich der Finanzier- und Realisierbarkeit. Unterstützung der Kommunen bei der klimagerechten Modernisierung ihrer Gebäude.
- Neue Gebäudeversicherungen nur als Elementarschadenversicherung anbieten, um die Versicherungsquote zu erhöhen und die Ausfallbürgen Bund, Land und Kommune zu entlasten.
- Der Staat muss seine Ausgaben insgesamt mehr investiv anstatt konsumtiv ausrichten. Es ist wichtiger, den ÖPNV strukturell zu stärken, anstatt den Ticketpreis zu subventionieren.
- Raumplanung als Instrument der Entwicklung des ländlichen Raums nutzen; Ballungsräume entlasten, zielgerichteter Ausbau der Verkehrswege und des ÖPNV.
- Planungsbeschleunigung und nachhaltige Finanzierung für Projekte der kommunalen Daseinsvorsorge. Verkürzung der Rechtswege.
- Kommunale Amts- und Mandatsträger tragen unseren Staat: Begünstigung im Steuerrecht und Anrechnung in der Sozialversicherung.
- Schutz der kommunalen Amts- und Mandatsträger; Offizialdelikt und Verfahrensbeschleunigung.
- Durchsetzung von Recht und Gesetz im Internet durch die feste Zuweisung von IP-Adressen („Telefonbuch 4.0“); Social-Media-Plattformen müssen ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nachkommen und Hass und Gewalt im Netz verhindern.
- Definition von einheitlichen digitalen Schnittstellen, Automatisierung von Leistungen ohne individuelle Entscheidungsspielräume.
- Digitalen Personalausweis als eineindeutige Identifizierung im digitalen Raum verbindlich nutzen.
- Klare Regeln für den Umgang mit kommunalen Daten; Überregulierung abbauen.
- Personal für den öffentlichen Dienst entwickeln: Weniger Personal, andere Qualifikationen, leistungsorientiert bezahlt.
- Förderprogramme des Bundes reduzieren; verbleibende Förderprogramme für Kommunen auf Vertrauen aufbauen und auf Wesentliches beschränken mit realistischen Fristen, einfachen Antragsverfahren und reduzierten Nachweispflichten und ausschließlich digital abwickeln.
- Bessere Anreize im Wohnungsbau statt detaillierter kleinteiliger Förderprogramme, dafür die kommunale Städtebauförderung als wichtiges Konjunkturprogramm verstetigen.
- Verbesserte Rahmenbedingungen für die Bau-, Immobilien- und Wohnungswirtschaft schaffen. Zusätzliche Brandschutz- und Klimaschutzvorgaben der letzten Jahre zurücknehmen.
- Erleichterungen bei der Planung und Genehmigung von Infrastrukturvorhaben. Bessere und kürzere Verfahren der Bürgerbeteiligung entwickeln.
- Vergaberecht vereinfachen und Schwellenwerte für öffentliche Vergaben deutlich erhöhen.
- Zeitweise Aussetzung, grundlegende Überprüfung und Anpassung der bürokratischen Vorgaben und Standards für die Kommunen, auch der Vorgaben des Datenschutzes.
- Rechtssichere Experimentierräume schaffen, um auch zeitlich befristet Regelungen zu erproben und wenn sich diese bewährt haben, einfach umzusetzen (funktionierender Staat).
- Berichts- und Dokumentationspflichten abbauen und strukturelle Ansätze des Bürokratieabbaus („One-In/Two-Out“ oder „Gesetze auf Zeit“) nutzen.
- Illegale Migration beenden, Migration und Integration auskömmlich finanzieren.
- Menschen ohne Bleibeperspektive aus zentralen Unterkunftseinrichtungen auch zentralisiert mit mehr Unterstützung des Bundes abschieben.
- Die kommunale Ebene in den Bevölkerungsschutz und die zivile Verteidigung ernsthaft mit einbeziehen und stärker finanziell unterstützen.
- Sozialstaat neu ausrichten: Zwischen Bedürftigkeit, Pauschalierungen, individueller Unterstützung und Leistungen aus einer Hand
- Gesundheitsversorgung in der Fläche sicherstellen, auch vor dem Hintergrund von Notlagen.
- Grundrecht auf verständliche und nachvollziehbare Rechtsetzung des Staates für die Bürgerinnen und Bürger (weniger Artikelgesetze).
Hier finden Sie die PDF des Beschlusses.
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