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KPV-Beschluss: Gleichwertige Lebensverhältnisse

Die Delegierten der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU und CSU Deutschlands haben auf ihrer Bundesvertreterversammlung am 9. November 2019  in Würzburg weitreichende Beschlüsse gefasst, die wir  als Download zur Verfügung stellen.

Beschluss der Bundesvertreterversammlung der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU und CSU Deutschlands am 9. November 2019 in Würzburg

Gleichwertige Lebensverhältnisse

Gebt dem Ländlichen Raum seinen Stolz zurück – Mehr Freiräume für den ländlichen Raum

„Unser Plan für Deutschland – Gleichwertige Lebensverhältnisse überall“, das Ergebnis der Kommissionsarbeit „Gleichwertige Lebensverhältnisse“, benennt nach einer ausführlichen und breiten Analyse der regionalen Disparitäten in seinen „Handlungsempfehlungen“ fünf zentrale Bereiche, in denen diese Ungleichgewichte durch gezielte staatliche Maßnahmen abgebaut werden sollen. Ausgesprochen richtig dabei ist, dass den Kommunen eine tragende Rolle in diesem Prozess zugeordnet wird.

Allerdings ist ungeachtet dieser formalen Schwerpunktsetzung der gesamte Maßnahmenkatalog durchweg getragen von einer paternalistischen Haltung des von „Oben“: Im Wesentlichen sollen Bund und Länder initiativ werden (Stichwort „Förderung“) und mit Programmen und durch Verbesserung der Rahmenbedingungen sowie in Unterstützung der Kommunen die Situation im ländlichen Raum verbessern. Das ist ja grundsätzlich nicht falsch, aber es bedeutet weithin und in der Praxis, dass „Oben“ entschieden wird, was „Unten“ zu tun ist.

Was demgegenüber nahezu völlig fehlt, ist ein wirklich kommunaler, ein „Stark-vor-Ort- Ansatz“, der die Probleme und deren Lösungen konsequent von „Unten“ denkt und in entsprechende Handlungsstrukturen umsetzt. Zwar scheint in den „Handlungsempfehlungen“ mehrfach die Erkenntnis durch, dass es eine wirkliche Verbesserung ohne den Handlungsimpuls von „Unten“ nicht geben wird, wirkliche Konsequenzen werden daraus jedoch nicht gezogen. Es geht eben nicht nur um „Mitgestaltung“, sondern es geht um selbstverantwortliche Entscheidungskompetenz. Wenn die Disparitäten im ländlichen Raum weithin als „Abgehängtsein“ und „Minderwertigkeit“ empfunden werden, so wird eine Lösung mit noch so vielen Fördermaßnahmen, mit noch so viel Geld nicht gelingen, sondern nur mit der Anerkennung, dass der ländliche Raum „anders“ ist und die Menschen dort sehr wohl in der Lage sind, ihren Lebensraum in spezifisch anderer Weise zu gestalten: Lassen wir ihnen dafür die Luft und geben wir dem ländlichen Raum seinen „Stolz“ zurück !

Wollen wir also diese Potentiale vor Ort aktivieren, so brauchen wir deutlich mehr Freiräume, mehr Selbstverantwortung und mehr Entscheidungskompetenz vor Ort:

  • Konsequente Dezentralisierung (Entscheidungsstrukturen, Infrastrukturen).
    Es genügt nicht, in einer „zielgerichteten Standortpolitik“ „Verwaltung, Forschung und Wirtschaft“ in den ländlichen Raum bringen zu wollen – realistischer Weise wird dies an sehr enge Grenzen stoßen. Nur mit ganz spezifischen Lösungen, die aus der örtlichen Kenntnis und den örtlichen Möglichkeiten entwickelt werden und die deshalb sehr unterschiedlich sein können und müssen, werden wir nachhaltige und im Übrigen bezahlbare Strukturen entwickeln können.

 

In diesem Zusammenhang sind deshalb auch viele Zentralisierungstendenzen und
–entwicklungen der letzten Jahre und Jahrzehnte grundlegend zu überprüfen (z.B. Zentralisierung der öffentlichen Verwaltung).

  • Damit dies umgesetzt werden kann, müssen Abweichungen von Normen und Standards möglich sein – seien diese gesetzlicher oder technischer Natur. Es muss eben möglich sein, für jede dieser Normen und Standards eine ländliche Variante zu entwickeln, die die richtige Intention dieser Normen und Standards in die ländlichen Rahmenbedingungen „übersetzt“. Eine Experimentierklausel wäre dazu ein erster und wichtiger Schritt.
  • Gleichwertige Lebensverhältnisse brauchen gleichwertige Mobilitätschancen. Auch im ländlichen Raum sind etwa der Ausbau des Radverkehrs, die verbesserte Verknüpfung der Verkehrsangebote und insbesondere die deutliche Stärkung von Angeboten des ÖPNV im gleichem Maße selbstverantwortlich zu ermöglichen, wie dies mit massiver Förderung in Ballungsräumen und Zentren selbstverständlich ist.
  • Im Rahmen der Entwicklung gleichwertiger Lebensverhältnisse ist es von entscheidender Bedeutung, den Kommunen ihre individuelle „Gebietshoheit“ zu sichern. Die Kommunen sollten „Ortsentwicklungspläne“ erarbeiten bzw. aktualisieren. Dabei sollten die Länder dies konzeptionell unterstützen. Die Planungen der Kommunen müssen in die jeweiligen Landesplanungen einfließen und bei diesen berücksichtigt werden.

 

Hier gibt es den Beschluss als PDF-Dokument.

 

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