KPV-Beschluss: Städte- und Gemeindepartnerschaften stärken
Die Delegierten der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU und CSU Deutschlands haben auf ihrer Bundesvertreterversammlung am 9. November 2019 in Würzburg weitreichende Beschlüsse gefasst, die wir als Download zur Verfügung stellen.
Beschluss der Bundesvertreterversammlung der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU und CSU Deutschlands am 9. November 2019 in Würzburg
Städte- und Gemeindepartnerschaften stärken: als Zukunftswerkstätten für gleichwertige Lebensverhältnisse und für europäische, internationale sowie innerdeutsche Begegnungen
Wir wollen eine Renaissance der Städte- und Gemeindepartnerschaften!
Wertvolles Engagement: Städte- und Gemeindepartnerschaften (in Deutschland: 6.000, europaweit: 20.000) sind ein wertvolles Engagement- und Aktionsfeld von Bürgerschaft und Politik. Sie ermöglichen Blicke über den Tellerrand und geben Anstoß zur Selbstreflexion. Sie fördern Subsidiarität, interkulturelle Kompetenz, Achtsamkeit, politische Teilhabe, gesellschaftlichen Zusammenhalt sowie Freundschaften.
Heimat bilden und Brücken bauen: Städte- und Gemeindepartnerschaften führen zusammen, bauen Brücken und integrieren. Sie versammeln Menschen unterschiedlicher Herkunft, Religionszugehörigkeit, Milieus, Altersgruppen und Interessen. Sie verknüpfen zivilgesellschaftliche Akteure aus Vereinen, Initiativen, Schulen, Organisationen, Politik und Verwaltung, Haupt- und Ehrenamt sowie Parteien. Sie erden Themen. Sie machen neugierig. Sie bilden Heimat. Sie wirken auch da, wo sich Sprachlosigkeit, Unverständnis oder Desinteresse ausbreitet – nicht zuletzt im innerdeutschen Kontext. Sie wirken über Grenzen hinweg. Sie beugen Populismus und Extremismus, insbesondere Fremdenfeindlichkeit, vor.
Starke kommunale Netzwerke: Städte- und Gemeindepartnerschaften sind Ausdruck einer lebendigen kommunalen Selbstverwaltung. Sie fördern den Austausch der Menschen vor Ort und laden zur Mitwirkung und -gestaltung ein. Als starke kommunale Netzwerke tragen sie zu vergleichbaren und zu gleichwertigen Lebensverhältnissen bei.
Substanzielle Beiträge für Politik und Gesellschaft: Gut organisierte und zielgerichtete Städtepartnerschaften bieten mehr als Folklore, Sportfeste, Honoratiorentreffen und Sonntagsreden. Sie können bei unzähligen politischen Herausforderungen substanzielle Beiträge erarbeiten, etwa in den Bereichen gesellschaftlicher Zusammenhalt und Integration, Bildung, Kultur und Tourismus, städtische und ländliche Räume, Digitalisierung, Mobilität, Umwelt-/Natur-/Ressourcen- und Verbraucherschutz sowie Föderalismus, Entbürokratisierung und Dezentralisierung.
Wir wollen Städte- und Gemeindepartnerschaften ermutigen, unterstützen und fördern:
- im innerdeutschen Kontext, insbesondere zwischen „Ost“ und „West“: Starke innerdeutsche Partnerschaften schaffen regelmäßige Begegnungen und dauerhafte Orte des Zusammenwachsens. Sie verdeutlichen mögliche Unterschiede, etwa in der politischen Kultur, fördern Verständnis und Annäherung, bauen Vorurteile ab, vermeiden Spaltungen sowie begünstigen gegenseitigen Respekt und Anerkennung;
- im europäischen, insbesondere im deutsch-französischen sowie deutsch-polnischen Kontext: Starke Partnerschaften in Europa teilen unterschiedliche Erfahrungen und politische Herausforderungen miteinander. Sie bahnen über nationale Grenzen hinweg gleichwertige Lebensverhältnisse an. Der den Elysée-Vertrag ergänzende Vertrag von Aachen zeigt hier neue Wege auf (vgl. hier insbesondere Kapitel drei und vier, u.a.: Bürgerfonds, tägliches Leben, Notfall- u. Gesundheitsversorgung);
- im internationalen Kontext: Starke weltweite Partnerschaften können multilaterale Denk- und Handlungsweisen fördern, über große Distanzen und Grenzen hinweg Verständigung schaffen, die Entwicklungszusammenarbeit begleiten sowie gemeinsame Antworten auf globale Fragen suchen;
- auf neue Art und Weise: Die Erprobung ganz bewusst strukturunterschiedlicher bzw. asymmetrischer Partnerschaften zwischen ausgewählten großstädtischen und ländlichen Räumen könnte die Fragen gleichwertiger Lebensverhältnisse in besonderer Weise behandeln. Ein ideell, finanziell und wissenschaftlich begleitetes Pilotprojekt, das ausdrücklich nicht auf eine strukturelle und kulturelle Ähnlichkeit der Partner setzt, sondern ganz bewusst auf die Unterschiedlichkeit und gegenseitige Bereicherung, würde „Stadt“ und „Land“ bewegen. Es könnten Sprachlosigkeit und Vorurteile überwunden, Verständnis füreinander gefördert, Synergien verdeutlicht, Kluften verringert, auf- und miteinander neugierig gemacht, Potentiale aus städtischen und ländlichen Räumen zusammengebracht sowie neue gemeinsame Wege aufgezeigt werden. Ein positives Beispiel ist die Initiative „1000 Schulen für unsere Welt“, die mit Unterstützung der KPV bereits über 85 Projekte angestoßen hat.
Wir wollen Städte- und Gemeindepartnerschaften ideell und finanziell fördern:
- durch Kontakte, (An-)Teilnahme, Zusammenarbeit und Wertschätzung;
- durch großzügigere Freistellungsmöglichkeiten von engagierten Bürgerinnen und Bürgern für städte- und gemeindepartnerschaftliche Begegnungen;
- durch eine stärkere öffentliche Würdigung des Engagements, z.B. in Gestalt von Auszeichnungen und Netzwerken wie „Europaaktive Kommune“ und „Europaaktive Zivilgesellschaft“;
- durch auskömmliche Haushaltsmittel;
- durch eine transparente Ausweisung und verständliche Kommunikation dieser Haushaltsmittel im Sinne des Grundsatzes „Haushaltswahrheit und -klarheit“;
- durch eine bedarfsgerechte Ausstattung und einen intensiven Einsatz des Instrumentes „Deutsch-französischer Bürgerfonds“ aus dem Vertrag von Aachen;
- durch die Prüfung einer Ausweitung dieses zunächst deutsch-französischen Ansatzes auch auf andere Paarungen;
- durch eine deutliche Kommunikation und stärkere Nutzung der vielfältigen Finanzierungsinstrumente des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), insbesondere in strukturschwachen Regionen;
- durch die Umsetzung der Forderung des Deutsch-Französischen Ausschusses (DFA) und der kommunalen Spitzenverbände, nach welcher aus dem EU-Haushalt 1 Euro pro EU-Bürger für Städte- und Gemeindepartnerschaften eingesetzt werden soll, was 500 Millionen Euro im mehrjährigen Finanzrahmen der Europäischen Union, also verteilt auf 7 Jahre, bedeutet;
- durch eine Stärkung der Säule „Städte und Gemeindepartnerschaften“ bei der Überführung des EU-Programms „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ in das neue EU-Programm „Rechte und Werte“;
- durch eine noch stärkere Verbindung der Städte- und Gemeindepartnerschaften mit den Programmen der Servicestelle „Kommunen in der einen Welt“ (Engagement Global);
- durch ein Pilotprojekt „Strukturunterschiedliche bzw. -asymmetrische Städte- bzw. Gemeindepartnerschaft“ zwischen zwei freiwilligen Partnern aus einem besonders urbanen und einem sehr ländlichen Raum, begleitet beispielsweise vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat und/oder vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.
Hier finden Sie den Beschluss als PDF-Dokument.
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