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Tradition mit Zukunft

Basierend auf dem christlichen Menschenbild muss die CDU die Grundwerte – Freiheit, Solidarität und Gerechtigkeit – neu austarieren. Für uns als KPV steht die Subsidiarität im Fokus. Kommunale Selbstverwaltung und ein echter Kommunalpolitischer Handlungsspielraum sind unser Gegenpol zu staatlichen Vorgaben und Zentralismus.

Ich beobachte mit großer Sorge, wie die Ampel-Regierung die kommunale Selbstverwaltung Stück um Stück beschneidet. Einige wenige Beispiele sollen dies illustrieren: Der forcierte Ausbau der Windenergie erfolgt zu Lasten kommunaler Planungshoheit, es fehlen Zusagen für eine auskömmliche Finanzausstattung, um die Aufgaben der Daseinsvorsorge vor Ort bewältigen zu können, das hehre Prinzip der Konnexität („Wer bestell, bezahlt“) wird zur schlichten „Verwaltungskonnexität“ heruntergestuft, um durchregieren zu können.

Mitte Mai lud der Vorsitzende der Grundsatzprogrammkommission Carsten Linnemann die Vereinigungen und Sonderorganisationen zum Informationsaustausch ins Konrad-Adenauer-Haus ein. Dort machte mein Kollege im Bundesvorstand und Kämmerer der Stadt Recklinghausen, Ekkehard Grunwald, die Bedeutung der kommunalen Ebene für alle Lebensbereiche sehr anschaulich deutlich: „Das Leben beginnt im städtischen Krankenhaus und endet auf dem kommunalen Friedhof. Alles dazwischen spielt sich in den Kommunen ab.“ Für mich ist klar: Die CDU als die Volkspartei in Deutschland mit den meisten kommunalen Amts- und Mandatsträgern muss den Dialog mit der Basis suchen.

Kommunalpolitik fit machen für die Herausforderungen unserer Zeit

Vor acht Jahren haben wir auf der Bundesvertreterversammlung in Chemnitz unser KPV-Grundsatzprogramm „Tradition mit Zukunft – Kommunalpolitik neu begründen“ verabschiedet. Es war und ist unsere tiefe Überzeugung, dass nur starke Kommunen ein starkes Deutschland ermöglichen. Es waren die Verantwortlichen vor Ort, die währen der Hochphase der Corona-Pandemie Impfzentren und Teststrecken hochzogen, es sind auch jetzt Kommunale, die sich um die Versorgung der ukrainischen Kriegsflüchtlinge kümmern. Der kommunale Wettbewerb hat innovative Lösungen passgenau für die Situation vor Ort hervorgebracht. Das hätte man niemals in dieser Qualität von Berlin zentral steuern können.

Am 22. November 2014 verabschiedet die KPV-Bundesvertreterversammlung das neue Grundsatzprogramm in Chemnitz.
Am 22. November 2014 verabschiedet die KPV-Bundesvertreterversammlung das neue Grundsatzprogramm in Chemnitz.

In unserem Grundsatzprogramm 2014 haben wir sechs Prinzipien definiert, um die kommunale Selbstverwaltung zu stärken:

  1. Gleichwertige Lebensverhältnisse

Die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse ist eine Mammutaufgabe und heute genauso aktuell wie 2014. Noch immer hängen Investitionsentscheidungen von der Einwohnerzahl ab, dabei wissen wir längst, dass wir 5 G an jeder Milchkanne brauchen, sollen nicht einzelne Regionen den Anschluss verlieren. Die digitale Infrastruktur und die Digitalisierung von Leistungen sind der Schlüssel für gleichwertiges Leben in Stadt und Land. Wir müssen die Dezentralisierung konsequent angehen und Bundes-/ Landesbehörden dezentral ansiedeln.

  • Aktivierende Bürgergesellschaft

Die kommunalen Amts- und Mandatsträger stellen das Bindeglied zwischen dem Einzelnen und der Gemeinschaft dar und beziehen die Menschen in den Prozess der Meinungsbildung ein. Bürgerbegehren, Bürgerentscheide, Direktwahlen und andere plebiszitäre Elemente ergänzen die repräsentative Demokratie vor Ort. Bürgerbeteiligungen sind ein geeignetes Instrument, um einen Interessensausgleich zu schaffen. Manch einer mag jetzt an Goethes berühmtes Zitat aus dem Zauberlehrling denken: „Oh weh, die Geister, die rief, werd ich nicht mehr los!“ Richtig ist, dass langwierige Gerichtsverfahren Infrastrukturvorhaben heute in absurde Längen ziehen. Hier brauchen wir Möglichkeiten, um die Prozesse zu beschleunigen wie wir es aktuell beim LNG-Planungsbeschleunigungsgesetz sehen.

  • Hilfe zur Selbsthilfe

Für die Menschen in unserem Land muss es wieder stärker erfahrbar werden, dass sich Leistung lohnt. Das gilt auch für die Kommunen selbst: Umverteilungs- und Zuweisungssysteme zwischen Kommunen, führen nicht zur Entfaltung von Eigeninitiative und Effizienz. Wir fordern ein besseres Finanzierungssystem für die Kommunen, das eine Sockelfinanzierung aus eigenen proportionalen Anteilen am Steueraufkommen, eigene kommunale Steuer- und Abgabenquellen und Gestaltungsspielraum durch kommunale Hebesätze garantiert. Stattdessen beobachten wir mit Sorgen den Aufwuchs an kommunalen Förderprogrammen. Beim Hartz 4 hat sich die Ampel jüngst vom bewährten Grundsatz „Fordern und Fördern“ verabschiedet, indem zunächst für ein Jahr Leistungsbezieher keine Sanktionen befürchten müssen, wenn sie Termine nicht wahrnehmen oder ein zumutbares Jobangebot ausschlagen.

  • Subsidiarität

Das Subsidiaritätsprinzip ist unsere DNA. Damit verwahren wir uns sowohl gegen Eingriffe von Seiten der EU als auch der Länder und des Bundes. In der kommunalen Selbstverwaltung muss geprüft werden, was von jedem Einzelnen erwartet werden kann und was die örtliche Gemeinschaft übernehmen sollte. Kommunen können überfordert sein. Bevor staatliche Ebenen bestimmte Aufgaben übernehmen, die von Kommunen nicht erledigt werden können, muss nach den Prinzipien der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit die Übernahme geprüft und begründet werden. Wir wollen die bestehenden und zukünftigen Aufgaben von Bund, Ländern und Kommunen einer Subsidiaritätsprüfung unterziehen und gegebenenfalls Aufgaben in die kommunale Selbstverwaltung zurückführen.

  • Soziale Marktwirtschaft

Kommunen gewährleisten eine bürgernahe, flächendeckende und sozialverträgliche Erfüllung öffentlicher Aufgaben auf hohem Niveau. Die kommunale Daseinsvorsorge sichert die Lebensqualität der Menschen gerade dann, wenn Marktmechanismen versagen. Wir wollen die Verantwortung und Entscheidungsfreiheit vor Ort stärken, so dass die Menschen vor Ort selbst entscheiden, welche Leistungen in welcher Form angeboten werden. Die Leistung der kommunalen Daseinsvorsorge kann durch private Unternehmen, in Kooperation mit diesen oder durch kommunale Unternehmen oder die Kommune selbst beziehungsweise in Zusammenarbeit mit anderen Kommunen, erbracht werden.

  • Eindeutigkeit der Verantwortung

Wir bekennen uns zum Prinzip der eindeutigen Verantwortung. Das bedeutet: Die Verantwortlichkeiten über die Finanzen und die jeweiligen Aufgaben liegen in einer Hand, die Zuständigkeiten sind klar geregelt und für die Menschen durchschaubar.

Das Vertrauen in die demokratischen Institutionen wird gestärkt, wenn für die Menschen erkennbar ist, wer wofür zuständig und verantwortlich ist. Auch die Handelnden in Politik und Verwaltung werden bei eindeutiger Zuständigkeit besser und effizienter Aufgaben lösen. Wir wollen eine weitere Entflechtung von Zuständigkeiten und Mischfinanzierungen mit dem Ziel klarer Verantwortung für Aufgabe und Finanzierung in einer Hand.

Fazit und Ausblick

Wir haben die Erwartung, dass sich unsere Grundprinzipien auch im Grundsatzprogramm der CDU wiederfinden und – noch wichtiger – in praktische Politik umgesetzt werden.

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