Christian Haase MdB zur Situation in Moria
Die Zustände im Flüchtlingslager auf Lesbos waren menschlich wirklich schwer zu ertragen. Man muss leider feststellen, dass wir uns sehenden Auges in der aktuellen Situation befinden. Der Brand des Lagers Moria steht am Ende einer langen Kette von Entwicklungen, bei denen wir nicht eingeschritten sind oder konnten. Aber es ist sehr leicht, sich jetzt zu empören, ohne eine dauerhafte Lösung anzubieten.
Die Zustände auf Lesbos sind zweifellos eine Schande für Europa. Aber es sind keine mangelnden Werte in Europa, keine Unmoral der Politik, die diese Schande verursacht haben. Es ist oftmals schlicht Hilflosigkeit. Griechenland, das geografisch bedingt die Hauptlast der Flüchtlingskrise zu tragen hat, ist mit der Situation überfordert. Über Jahre hinweg hat die EU es nicht geschafft, dem Land einen nennenswerten Teil des Flüchtlingsproblems abzunehmen. Es ist nicht abwegig zu denken, dass die griechische Regierung die Eskalation zugelassen hat, damit die EU sich endlich zusammenreißt und tätig wird. Ethisch schwer erträglich, aber verständlich wäre es.
Dass die EU bislang keine Lösung gefunden hat, liegt nicht am mangelnden Einsatz der EU-Kommission. Die Fronten zwischen den Mitgliedstaaten sind verhärtet. Das Prinzip der Einstimmigkeit verhindert bislang eine Einigung. Das Grundargument der Gegner vor allem aus Mittel- und Osteuropa ist auch nicht von der Hand zu weisen: Je mehr Flüchtlinge die EU aufnimmt, desto mehr werden kommen. Ich kann aber auch die verzweifelten Flüchtlinge auf Lesbos verstehen, die sich in Sicherheit wähnen und dann in erbärmlichen Zuständen zusammengepfercht werden.
Eine schnelle Lösung ist nicht in Sicht. Weder Abschottung noch grenzenlose Aufnahme von Flüchtlingen können wir ernsthaft wollen. Und auch die Fluchtursachen in kurzer Zeit zu beseitigen, ist Augenwischerei. Sehr viele Menschen werden weiterhin ihre Heimat aus den verschiedensten Gründen verlassen. Europa wird ihr Ziel sein. Diese Realität dürfen wir nicht verleugnen. Wir entspannen jetzt kurzfristig die Lage, indem wir anerkannte Asylbewerber aus Griechenland aufnehmen. Einen Schritt weiter in Richtung einer nachhaltigen Lösung kommen wir so aber leider nicht. Aber nichtsdestotrotz ist der Schritt angesichts der aktuellen Situation unerlässlich. Das weltweite Migrationsproblem wird uns noch Jahrzehnte beschäftigen.
Dieser Beitrag stammt aus dem Newsletter „Spitz die Löffel“ unseres Bundesvorsitzenden Christian Haase MdB, der hier abonniert werden kann.
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